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Unsexy, aber wichtig: Revolution in der Musikindustrie

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Steckbrief
Oscar Höglund

Geboren: 1978 in London

Aktuell: CEO und Mitgründer Epidemic Sound (Produktionsmusik), Mitgründer und Mitglied der Geschäftsführung Toca Boca (Apps für Kinder mit über 100 Millionen Downloads),  Mitgründer United Screens (Skandinaviens größtes MCN)

Interview mit Oscar Höglund, CEO und Co-Founder von Epidemic Sound über den Medienwandel, die größte Herausforderung der Medienunternehmen und die Relevanz der Nische.

2009 als Startup gegründet, hatte man sich mit Epidemic Sound das Ziel gesetzt, die Produktionsmusikindustrie zu verändern: Die Produktion und der Kauf von Musik für TV-, Werbe- und Onlinevideo-Beiträge sollte drastisch vereinfacht werden. Das war 2009 – von einem Startup kann heute kaum mehr die Rede sein. Der Kundenstamm von Epidemic Sound ist von rund 30.000 Anfang dieses Jahres auf weltweit knapp 100.000 Kunden angewachsen.

Wer sind die Kunden, die diese Expansion tragen? Neben Medienhäusern und Firmen wie Toyota und Bosch bieten sich inzwischen vor allem auch YouTuber wie DagiBee, Pewdiepie und Plattform sowie MCNs wie Mediakraft und Studio71 an. Im Hinblick auf die bisherigen Erfolge ist eine Expansion Richtung USA nur eine logische Konsequenz.

Ein Quereinstieg

Gegründet wurde Epidemic Sound von fünf schwedischen, medienerfahrenen Managern aus der TV- und Musikbranche. Einer davon ist Oscar Höglund. Der heute 37-Jährige hat sich in den letzten Jahren mit mehreren Firmengründungen als einer der erfolgreichsten Serienunternehmer auf dem skandinavischen Markt positioniert. Neben Epidemic Sound gründete er auch United Screens, das größte MCN Skandinaviens. Daneben ist er Vorstandsmitglied des Kinder-App-Entwicklers Toca Boca, der mit über 100 Millionen Downloads zu den erfolgreichsten Playern auf dem Markt gehört.

Höglund begann seine Karriere als Unternehmensberater, merkte jedoch schnell, dass ihm etwas fehlte: Perspektiven, Spaß und vor allem Vorbilder, von denen er lernen konnte – und wollte – waren Mangelware. Kurzentschlossen schmiss er seinen Job hin und ging zum Fernsehen. Bei der Produktionsfirma Zodiak Television fand er genau das, was er suchte: eine Branche, die ihn fesselte und seinen heutigen Partner Jan „Zacke“ Zachrisson.

„Jan war 15 Jahre älter, kam aus dem dünnbesiedelten und ländlichen Norrland und war Punkrocker und ich war der in London geborene Junge mit Backslick und in hellblauem Button-Down-Hemd“, erinnert sich Höglund. „Aber wir fanden uns in unserer Liebe zu Zahlen und Vertrieb und er wurde mein großes Vorbild. Und genau das macht für mich die Medienindustrie aus. Hier kann man in einem Kontext arbeiten, mit völlig unterschiedlichen Menschen, die ihre Arbeit gegenseitig befruchten, eben weil sie unterschiedlich sind. Auf diese feinen Unterschiede achte ich heute in allen meinen Firmen.“

Faszination Fernsehen

Das Fernsehen fasziniert ihn und zwar „auf eine existenzielle Art“: Anfang des Jahrtausends war es das Medium, das die großen Massen zusammenbrachte. „Fernsehen war damals der Kitt der Gesellschaft und spielte eine fast religiöse Rolle im Leben der Menschen. Damit wollte ich mich beschäftigen“, so Höglund. Und letztendlich brachte er alle Voraussetzungen mit, um dort schnell seinen Platz zu finden, denn er konnte „sowohl Kaffee kochen, als auch Unternehmen kaufen, eine Weihnachtfeier organisieren und die Börsenintroduktion verantworten.“ Bis zum Verkauf im Jahr 2008 half er dabei, Zodiak aufzubauen. Nun musste Höglund eine Entscheidung treffen: Unter der Leitung des italienischen Konzerns De Agostini arbeiten, oder in die Selbständigkeit wechseln – gemeinsam mit seinem Partner Zachrisson entschied er sich für letzteres.

Wie ein Auto ohne Räder

In dieser Zeit veränderte sich die Branche – und mit ihr auch das Internet. Bis dato hauptsächlich ein Textträger, wurden im Internet nun zunehmend Bildern und Videos immer beliebter. Die technische Entwicklung und immer schnellere Netze ließen Oscar Höglund und seinen Partner Jan „Zacke“ Zachrisson ahnen, dass Online-Videos ein wichtiger Bestandteil jeglicher Kommunikation sein würden. Aus dieser Ahnung wurde schnell eine Theorie: Jedes Unternehmen, das mithalten will, muss irgendwann auf den Einsatz von Bewegtbild setzen. Und nach einigen Jahren werden die Videos qualitativ nicht mehr vom Fernsehen zu unterscheiden sein.

Mit diesem theoretischen Unterbau war ihnen klar, dass man vieles plattformunabhängig anpassen konnte. Mit Ausnahme der Musik. Viele beteiligte Stakeholders und ein undurchsichtiges Regelwerk bedeuteten für die Musik in Videos vor allem eins: viel Aufwand für den Produzenten. „Stell dir vor, du kaufst für 10.000 Euro ein Auto, aber die Räder darfst du nicht kaufen, nur für 100 Euro im Monat mieten. Und bevor du den Zündschlüssel umdrehst, musst du einen Fragebogen ausfüllen und mir zuschicken, denn weitere Mietkosten richten sich danach, welche Wegstrecke du nehmen willst. So funktionierte die Musikproduktionsindustrie: keine Transparenz und keine Verantwortlichkeiten“ fasst Höglund die Lage zusammen.

Das Epidemic Sound Prinzip

Für das Produktions-Duo galt: wenn sie es schaffen, dieses Problem zu lösen, gelingt ihnen langfristig eins der größten Probleme der Videoproduktion zu lösen und gleichzeitig könnten sie etwas Neues anbieten, das alle Content-Macher betrifft. So entstand die Idee, die Musikindustrie neu zu erfinden. Genauer gesagt wollten sie die Musik direkt von den Künstlern kaufen. Das Ausblenden von Produzenten, Musikverlagen oder Verwertungsgesellschaften als Vertragspartner bedeutet, dass es keine weiteren Stakeholder gibt. Folglich muss der Kunde keine weiteren Rechteinhaber beachten und kann die Musik direkt auf allen Plattformen nutzen – ganz ohne GEMA-Listen und Rechteklärung. Mittlerweile nutzen bereits weltweit über 50.000 YouTuber dieses Angebot.

„Unsexy und super wichtig“

Das Ziel ist klar definiert: weltweite Marktführung im Bereich Produktionsmusik. „Der Bereich ist sehr kompliziert, unsexy und super wichtig“, erklärt Höglund die Wahl seiner  Markt-Nische. Mittlerweile hat das Team über 10.000 Musiker weltweit gescreent und 200 in ihr Portfolio aufgenommen, das derzeit über 30.000 Stücke aus 180 Genres umfasst. Monatlich kommen mehrere hundert Stücke hinzu.

In der Nischenfokussierung sieht Höglund eine besondere Stärke für Start-Ups: „Vielleicht liegt das daran, dass ich aus Schweden komme – einem kleinen, unbedeutenden Land, wo alle sich so anhören wie der dänische Koch (engl. „Swedish Chef“ anm.d.Red..). Es ist wichtig,  die eigenen Grenzen zu kennen und dann zu versuchen, sich  innerhalb dieser Grenzen stark zu positionieren, z.B. innerhalb einer Region oder eines definierten Bereichs. In diesem Rahmen gilt es dann,  seine Marken und Produkte auszubauen.“

Ein großer Fehler sei dabei, „alles“ versuchen wollen, vielmehr geht es darum, den Hook dort zu finden, wo andere sich nicht aufhalten. Das bedeutet aber auch, dass man nicht den anderen Playern hinterher rennt. Und so träumt auch Höglund manchmal davon, sich mehr auf einzelne Nischen konzentrieren zu können – mit Fokus auf einen Bereich oder ein Segment: „Es gibt noch immer eine Verherrlichung von Firmengründern und Geschäftsführern. Klar, man sieht viele spannende Dinge, aber wenn das Projekt wächst, verlagert sich die Hauptaufgabe; dann gilt es, schwierige Probleme zu lösen und zuzusehen, dass alle Mitarbeiter glücklich sind. Das bedeutet, es gibt wenig Zeit, sich mit den Themen auseinanderzusetzen und wirklich in die Tiefe zu gehen.“

Abhängigkeiten lösen

Auf die Frage, was denn die größte Herausforderung der Medienunternehmen im digitalen Umfeld ist, folgt eine eindeutige Antwort: „Alle Formen von Abhängigkeit. Medienplayer sind heute von so vielen Dingen abhängig, die sie nicht steuern können – das können  Auftraggeber sein oder große Konzerne, wie Google oder Facebook. Nur von YouTube-Werbeeinahmen abhängig zu sein, ist beispielsweise überhaupt nicht gesund. Es ist ein großer Systemfehler, dass so viele Stakeholder involviert sind. Es geht darum, sich von solchen Abhängigkeiten zu lösen und seinen eigenen Weg zu finden.“

Der Beitrag Unsexy, aber wichtig: Revolution in der Musikindustrie erschien zuerst auf Vorgefiltert.


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